Wie lerne ich eine Eröffnung?

Tipps für Anfänger

Insbesondere Schachanfänger stehen häufig vor der Herausforderung, aus der Vielzahl von Eröffnungen die richtige auszuwählen. Welche Eröffnung passt zu mir? Wie viel Zeit muss ich in das Eröffnungstraining investieren? Wie lerne ich die Eröffnung am besten? Wir haben für euch einen Leitfaden entwickelt, der euch eine Orientierung bei der Auswahl und beim Training einer Schacheröffnung geben soll.

1) Welcher Spielstil liegt dir?

Bevor du dich für eine Eröffnung entscheidest, solltest du dir die generelle Frage stellen welche Stellungstypen du bevorzugst. Magst du eher ruhige und positionelle oder wilde und taktische Stellungen?

Diese Überlegung hilft dir zu entscheiden, welche Eröffnung bzw. Eröffnungsvariante am besten zu dir passt. Es gibt Eröffnungen, z.B. Sizilianisch und Königsindisch, aus denen oft sehr scharfe und dynamische Stellungen entstehen. Andere Eröffnungen – wie z.B. Spanisch – sind eher positionell anspruchsvoll.

2) Bist du bereit, regelmäßig Zeit in Eröffnungstraining zu investieren?

Auch solltest du dir überlegen, ob du bereit bist viel Theorie zu lernen und dieses Wissen regelmäßig zu erweitern. Denn einige Eröffnungsvarianten sind sehr schnelllebig – wenn man da nicht auf dem aktuellen Stand der Theorie ist, kann man schon frühzeitig in der Partie Probleme bekommen. Auf der anderen Seite bieten solche Varianten aber auch Chancen: wenn man sich gut auskennt, kann man auch gegen deutlich stärkere Gegner in der Eröffnung schnell einen Vorteil erzielen.

Meist sind die Hauptvarianten einer Eröffnung sehr theorielastig. Möchte man möglichst wenig Zeit in Eröffnungen investieren, sollte man sich eher für eine Nebenvariante entscheiden.

3) Verschaffe dir einen Eröffnungsüberblick

Um dich anhand deiner Einschätzungen für eine Eröffnung entscheiden zu können, solltest du dir erst mal einen Überblick über die gängigsten Eröffnungen verschaffen. Tatsächlich findet man bei Wikipedia eine recht ausführliche Liste der möglichen Eröffnungen und Varianten. Ein echter Klassiker ist in diesem Zusammenhang auch das Buch „Nunn‘s Chess Openings“, das einen detaillierten Überblick über alle möglichen Abspiele gibt. Das Buch ist von 1999, inzwischen also nicht mehr auf dem aktuellen Theoriestand. Als Überblick aber immer noch mehr als ausreichend.

Falls ihr ChessBase und die entsprechenden Datenbanken verwendet (siehe auch unser Artikel zum Thema Schachsoftware) könnt ihr über den Eröffnungsschlüssel die bisher gespielten Partien zu jeder Variante anschauen und damit einen Eindruck über den Charakter der Eröffnung bekommen.

4) Entscheide dich für eine Eröffnung

Als nächsten Schritt solltest du deine Überlegungen aus Schritt 1 und 2 mit deinen Erkenntnissen aus Schritt 3 verbinden. Da es gerade am Anfang unmöglich ist, alle Eröffnungen und Varianten zu verstehen, kannst du dich da ruhig auf dein Gefühl verlassen. Du liebst scharfe Stellungen, dich haben in deiner Recherche vor allem Sizilianisch-Partien angesprochen, du hast aber wenig Lust auf stundenlanges Theoriebüffeln? Dann wähle eine Sizilianisch-Variante, in der du frühzeitig von der Hauptvariante abweichen kannst.

Eine andere Herangehensweise kann ebenfalls gut funktionieren. Wenn du einen (Spitzen-) Spieler kennst, der dir in den Punkten 1 und 2 sehr ähnlich ist, kannst du dich von ihm/ihr inspirieren lassen und sein/ihr Eröffnungsrepertoire kopieren.

Natürlich ist die Wahl der Eröffnung eine wichtige Entscheidung, da sie den Verlauf deiner nächsten Partien mitbestimmt. Aber du wirst mit der Eröffnung keinen Vertrag auf Lebenszeit eingehen und kannst dich immer noch umentscheiden, wenn du mit deiner Auswahl nicht mehr so glücklich bist.

5) Lerne die Varianten und Ideen der Eröffnung kennen

Nun beginnt das Eröffnungstraining. Schau dir am besten zu Beginn allgemein Partien zu der Eröffnung an, um einen Überblick über die einzelnen Varianten und Ideen zu bekommen. Hier können Bücher oder DVDs hilfreich sein um eine Orientierung zu geben. Viele Eröffnungsvideos findest du auch auf Online-Portalen wie z.B. chess24.

Schau gerne auch in unserer Online-Schachakademie mit zahlreichen Eröffnungskursen vorbei - da wirst du sicherlich auch fündig:

Hilfreich ist auch, wenn du dir einen Spieler raussuchst, der die Eröffnung regelmäßig und schon lange spielt und Experte darin ist. Schau dir dann möglichst viele (auch alte) Partien von deinem Vorbild an, um ein Gefühl für Möglichkeiten und ggf. auch theoretische Entwicklungen die Eröffnung zu bekommen.

6) Theorie lernen

Um ein bisschen Theorie lernen wirst du nicht herum kommen. Hier sollte jeder für sich herausfinden, wie er am besten Eröffnungen lernt. Du kannst die Varianten aus dem Buch/der DVD deiner Wahl in regelmäßigen Abständen wiederholen um sie zu verinnerlichen. Oder du nutzt eine Software als Trainingshilfe, z.B. den Chess Position Trainer.

7) Üben

Und zum Schluss: üben, üben, üben. Dafür kannst du zunächst Blitzpartien mit der Eröffnung (im Internet oder gegen einen Trainingspartner) spielen und anschließend analysieren. Aber irgendwann (besser früher als später) solltest du die Eröffnung auch in der Turnierpraxis einsetzen. Dabei solltest du keine Angst vor Fehlern haben, meist wird die Partie nicht in der Eröffnung entschieden. Und auch beim Schach gilt: learning by doing ist häufig die effektivste Trainingsmethode.

In diesem Sinne: viel Spaß und Erfolg mit euren neuen Eröffnungen!

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Lasst gerne einen Kommentar da, ob euch die Tipps geholfen haben und welche Erfahrungen ihr selbst mit dem Thema gesammelt habt.

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Kommentare: 6
  • #1

    Christoph Kubiak (Donnerstag, 08 März 2018 16:48)

    Hi, ein gutes Konzept, mit dem man langfristig seine Eröffnungen perfektionieren kann. Ich habe meinen Spielstil bereits gefunden: Angriffsspieler! Da ich gerne unorthodoxe Eröffnungen spiele, bei denen man oft durch Zugumstellungen
    In andere Eröffnungen kommt, schadet es nicht, wenn man ein Grundwissen bei anderen Eröffnungen besitzt. Grundsätzlich glaube ich aber auch, dass man sich für eine Eröffnung mit Weiß und Schwarz entscheiden sollte, die nicht zu komplex und einfach zu spielen ist. Euch wünsche ich weiterhin viel Erfolg im Schach!!
    Viele Grüße
    Christoph Kubiak

  • #2

    20cm_inkaltemWasser (Donnerstag, 26 April 2018 06:25)

    Hallo, ab welcher Spielstärke sollte man damit anfangen? Ich habe knapp 1600 dwz, und habe eigentlich überall Defizite, an denen ich arbeiten will, um mein Spielverständnis zu verbessern. Ich glaube jetzt schon eine Eröffnung zu studieren würde mir nicht helfen, allerdings brauche ich immer viel Zeit für die Eröffnung, da ich mich absolut nicht in der Theorie auskenne.
    Liebe Grüsse, 20cm_inkaltemWasser

  • #3

    Melanie (Samstag, 28 April 2018 09:08)

    Hallo 20cm_inkaltemWasser,

    meine persönliche Meinung ist: Taktik & Mittelspielstrategie sind wichtiger als Eröffnungskenntnisse. Deswegen würde ich darauf beim Training auch den Fokus legen. Allerdings solltest du Eröffnungen nicht ganz vernachlässigen und dir z.B. ein Repertoire zurechtlegen, das nicht so lernintensiv ist. Da reicht es dann meist ein paar Zugfolgen sowie die grundlegenden Ideen und Pläne zu kennen.
    Mit wachsender Spielstärke kannst du dann in den einzelnen Varianten mehr in die Tiefe gehen und ggf. noch weitere Eröffnungen als Alternativen dazunehmen.

    Viele Grüße
    Melanie

  • #4

    Daniel (Sonntag, 15 März 2020 12:33)

    Hallo Melanie, was wäre denn Deine Empfehlung für eine Eröffnung(en) mit Schwarz und Weiss die nicht so lernintensiv sind? Auf e4 gibt es sehr viele Antwortmöglichkeiten und auch auf c4. Beides empfinde ich als sehr lernintensiv und auch für die schwarze Seite suche ich noch dem passenden. Mit Dank im vorraus für Deine Antwort.

  • #5

    Melanie (Mittwoch, 18 März 2020 14:45)

    Hallo Daniel,
    aus weißer Sicht kann ich dir Jonnys Englisch - also 1.c4 nach Jonathan Carlstedt - ans Herz legen. Jonathan hat darüber ein Buch geschrieben und nun für chessemy auch einen Videokurs aufgenommen: https://www.chessemy.com/shop/jonnys-englisch/
    Mir gefällt an dem Kurs besonders, dass Jonathan ganz klare Regeln übermittelt, wann man welche Figur wohin entwickelt und welche Pläne damit verbunden sind. Dadurch ist das Konzept sehr eingänglich und man kann die Eröffnung auch ohne stundenlanges Theoriestudium spielen.
    Aus schwarzer Sicht könntest du z.B. über Philidor nachdenken - 1...d6 kann man quasi gegen alles spielen. Das muss einem aber auch gefallen, weil man schnell in Benoni- oder Königsindisch-Strukturen landet. Alternativ kann ich die Rainers moderne Klassiker empfehlen. Also 1...e5 auf e4 und 1...d5 auf d4. Das ist schon ein bisschen was zu lernen, aber grundsolide und Großmeister approved ;-). Kannst ja mal schauen, ob es was für dich ist: https://www.chessemy.com/shop/eroeffnung/moderne-klassiker-1-d4-d5/
    Viele Grüße und viel Erfolg!
    Melanie

  • #6

    wrBEIRqX (Montag, 12 September 2022 14:30)

    1