Tag 8 - Stimmungstief nach der siebten Runde

Mannschaftseuropameisterschaft 2011

Bevor ich von dem heutigen Tag berichte, noch ein kurzer Nachtrag zum letzten Abend. Obwohl das Treffen in der Purple Bar eigentlich als Zusammenkunft beider Mannschaften gedacht war, fand sich nur eine kleine Runde um 22.30 Uhr in dem hoteleigenen Club ein. Trotzdem wurde es ein netter Abend und wir hatten großen Spaß daran meine Partie gegen Irina Bulmaga (siehe Bericht 7) auseinanderzunehmen. Wir kamen zu dem Schluss, dass das Turmendspiel wahrscheinlich gewonnen ist und ich bis auf ein paar Ungenauigkeiten auch gar nicht so schlecht gespielt habe, wie ich dachte. Für mich hat sich der Abend schon allein deswegen gelohnt, weil mir Rainer eine tolle Jogging-Strecke verraten hat, die ich unbedingt noch testen will. Das wird aber gar nicht so einfach werden. Wenn ich spiele habe ich kaum noch freie Kapazitäten für andere Sachen. Ich brauche meist den ganzen Vormittag für die Vorbereitung und abends ist es dann meist schon zu dunkel (ich habe ja bisher auch immer sehr lange gespielt).

Unser heutiger Mannschaftskampf gegen Bulgarien lässt sich eigentlich ganz einfach zusammenfassen: Pech gehabt. Und zwar eine ganze Menge. Dabei sah es nach 1,5 Stunden eigentlich noch ganz gut aus. Das war der Zeitpunkt, zu dem mir meine Gegnerin Remis anbot. Ich hatte mit Schwarz eine leicht schlechtere Stellung und fühlte mich auch nicht so wirklich wohl (und das soll schon was heißen, da ich meine Stellungen normalerweise immer maßlos überschätze). Ich fragte also Raj und warf einen Blick auf die anderen Bretter. In Lises Partie war noch nicht viel passiert und auch bei Marta sah noch alles normal aus. Sarah stand besser und ich war eigentlich sehr optimistisch, dass wir mindestens noch 2 Punkte holen würden. Trotzdem viel es mir nicht leicht, dass Remisangebot anzunehmen. Ich bin eigentlich wirklich nicht der Typ, der schnell remisiert und meist kämpfe ich bis zur letzten Figur. Schließlich willigte ich doch ein. Der weitere Verlauf des Matches ließ meine Entscheidung vorerst auch als richtig erscheinen. Marta konnte durch eine nette Kombination eine Figur und anschließend auch die Partie gewinnen und Sarahs Stellung verbesserte sich kontinuierlich. Auch Lises Stellung war mindestens ausgeglichen und so wandte ich mich gut gelaunt erst mal den Männerbrettern zu. Georg hatte, wie ich, recht schnell ein Unentschieden erzielt und Daniels Stellung sah sehr verheißungsvoll aus. Der gegnerische König hatte sich vor die eigenen Bauern begeben müssen und es sah nicht so aus, als ob er dort besonders lange überleben könnte. Arkadij und Rainer standen ausgeglichen.

Als ich Raj mit einem besorgten Gesichtsausdruck auf mich zukommen sah, wusste ich schon, dass nichts Gutes passiert sein konnte. Sarah hatte sich in Zeitnot leider zweizügig mattsetzen lassen. Sehr ärgerlich, da sie eigentlich eine sehr gute Stellung gehabt hatte und Lise inzwischen auch nicht mehr so toll stand. Bei ihr ging es dann auch positionell stetig bergab. Allerdings spielte ihre Gegnerin auch nicht so genau, sodass immer wieder Hoffnungen auf ein Unentschieden aufkeimten und bald darauf wieder erstickt wurden. Schließlich musste Lise aufgeben und wir sahen uns mit einer bitteren Niederlage konfrontiert.

Das Glück, das uns gefehlt hat kam anscheinend den Männern zu Gute. Als ich das nächste Mal an Arkadijs Brett trat, traute ich meinen Augen kaum. Er hatte plötzlich drei Bauern weniger und ich sah eigentlich überhaupt keinen Lichtblick mehr. Der einzige Hoffnungsschimmer: der Gegner hatte keine Zeit mehr. Und so schaffte es Arkadij irgendwie aus dem Nichts heraus Gegenspiel zu kreieren. Irgendwann verlor sein Gegner dann die Nerven und wickelte in ein remises Turm-gegen-zwei-Bauern-Endspiel ab. Rainer konnte also getrost remisieren und somit den Mannschaftssieg sichern.

Während unserer Mannschaftssitzung zeigte sich, dass mit mangelndem Erfolg die Streitigkeiten zunehmen. Wir werden aber versuchen das Beste draus zu machen und die letzten beiden Runden noch mal alles geben.