Tag 9 - Sensationeller Erfolg gegen Aserbaidschan

Mannschaftseuropameisterschaft 2011

Meine Vorbereitung heute begann mit einem Erpressungsversuch von Raj. Lena hatte ihm Aufnahmen gezeigt, auf denen Sarah und ich beim Singstar spielen zu sehen bzw. zu hören sind. Anscheinend muss es echt grausam geklungen haben. :-) Arkadijs Kommentar zu unseren Singkünsten lies jedenfalls auf Ähnliches schließen. Wir fragten ihn beim Abendbrot, ob er nicht morgen mit uns Singstar spielen wolle. Sarah fügte dann noch hinzu „Oh ja, da spielen wir Männer gegen Frauen … ihr seid zwar besser im Schach, aber dann haben wir auch mal ein Erfolgserlebnis.“ Arkadijs Antwort darauf: „Da wär ich mir nicht so sicher… ihr habt doch gestern im Zimmer 610 gesungen oder?“ Aber nicht nur diese Diskussion führte zu guter Laune. Beim Mittagessen durfte ich amüsiert Sarahs und Rajs Erörterungen betreffend Nasenhaar-Entfernungen lauschen und auch Rajs Bemerkung über das Aussehen eines Apfels (nicht jugendfrei) führte zur allgemeinen Erheiterung.

Beste Voraussetzungen also für ein erfolgreiches Mannschaftsergebnis. Es lief auch erst mal hervorragend. Als ich nach wenigen Minuten einen Blick auf mein linkes Nachbarbrett warf, konnte ich freudig feststellen, dass Lena bereits eine Gewinnstellung erreicht hatte. Ihre Gegnerin hatte einen einfachen Trick übersehen und musste daraufhin die Qualität geben. Das Endspiel konnte Lena schnell gewinnen und wir gingen bereits nach 1,5 Stunden 1:0 in Führung. Sarah hatte sich mit Schwarz für Französisch entschieden und stand noch recht normal. Auffällig war, dass die ganze Zeit über drei Schiedsrichter an ihrem Tisch standen. Hinterher erfuhr ich, dass Sarah aufgrund der vielen Toilettengänge ihrer Gegnerin Verdacht geschöpft hatte und den Schiedsrichter bat, die Sache im Auge zu behalten. Ob der Argwohn berechtigt war oder nicht, wird sich wohl nicht herausfinden lassen. Tatsache war jedenfalls, dass Sarah sich kaum auf die Partie konzentrieren konnte und vielleicht auch deswegen bald einen wichtigen Bauern einstellte. Aber das war eigentlich noch keine Katastrophe. Sarah meint selber, dass sie lieber schlecht steht und dann versucht zu tricksen, anstatt von vorneherein besser zu stehen. Bei Marta und mir war alles im grünen Bereich. Wir standen beide etwa ausgeglichen und ich hatte obendrein noch einen wichtigen Zeitvorsprung. So langsam öffnete sich nämlich meine Stellung und es entstanden viele taktische Möglichkeiten, deren Berechnung schon ein wenig Zeit kostete. Den entscheidenden Fehler machte meine Gegnerin im 38. Zug. Danach konnte ich zwangsläufig einen Bauern gewinnen und musste nur noch ihre Dauerschach- bzw. Mattdrohungen parieren. Mit meinem Sieg sicherte ich unseren Mannschaftssieg, da Marta kurz zuvor remisiert hatte. Es spielte nur noch Sarah. Ihre Partie war ein einziges Auf und Ab. Mit einem Bauern weniger versuchte sie irgendwie ihre Stellung zusammenzuhalten. Als dann der zweite Bauer verloren ging, hatte ich eigentlich keine großen Hoffnungen mehr. Als ich das nächste Mal aufs Brett schaute, hatte sie plötzlich nichts mehr weniger und selber einen gefährlichen Angriff gestartet. Es folgte eine spannende Zeitnotschlacht in der sich die Stellungsbewertung andauernd änderte. Zu einem unerfreulichen Zwischenfall kam es, als Sarahs Gegnerin mehrere Züge nicht notierte und Sarah daraufhin den Schiedsrichter darauf aufmerksam machte. Dieser griff jedoch nicht wirklich ein und die Partie wurde einfach fortgesetzt. Zu dem Zeitpunkt war Sarahs Stellung zwar schon verloren, so ein Verhalten ist jedoch trotzdem ärgerlich.

Weniger ärgerlich verlief das Match Deutschland – Aserbaidschan. Der Matchwinner war heute Arkadij, der mit Schwarz gegen Teimour Radjabov (2781) bereits nach der Eröffnung besser stand und sich seinen Punkt dann auch nicht mehr streitig machen ließ. Die restlichen Bretter remisierten (teilweise mit großem Glück) und so kam es, dass Deutschland nach der achten Runde zusammen mit Armenien das Teilnehmerfeld anführt. Die morgige Spitzenpaarung Deutschland – Armenien wird demnach über Gold entscheiden und ich drücke unseren Männern natürlich ganz besonders fest die Daumen. Aber auch bei uns sieht es gar nicht so schlecht aus. Wir hatten großes Auslosungsglück und können mit einem Sieg gegen Israel sogar noch unseren Setzlistenplatz verbessern. Morgen beginnt die Runde schon um 13.00 Uhr – jetzt ist also erst mal Vorbereitung und dann schlafen angesagt.