Schacholympiade 2012: Tag 1

Chaos vor Beginn der ersten Runde

Regen, Regen, nichts als Regen… Da frag ich mich, warum ich eigentlich nur Sommersachen eingepackt habe und nun mit drei langen Hosen auskommen muss. Selbst beim Essen herrschen frostige Temperaturen und der Spielsaal ist nach meinem Empfinden ebenso etwas zu stark klimatisiert. Da bleibt einem nichts anderes übrig als dafür sorgen, dass das Brett brennt… und das habe ich heute sogar annäherungsweise geschafft.

Die Auslosung bescherte uns in der ersten Runde die Mannschaft der Sehbehinderten, die aus Spielerinnen unterschiedlicher Nationen besteht. Normalerweise stehen die Paarungen bereits am Abend des Vortages fest, wohingegen die genauen Spielerpaarungen erst im Laufe des Vormittages bekannt gegeben werden. Bisher war es immer so, dass die Meldung der genauen Aufstellung schriftlich von dem Mannschaftskapitän bis zu einer bestimmten Uhrzeit abgegeben wird. Hier in Istanbul wurden wir mit einer neuen Methode konfrontiert, die eine Online-Meldung vorsieht. Dazu erhielt jeder Mannschaftsleiter ein Passwort, das ihn zu der Meldung berechtigen sollte. So weit so gut. Blöd nur, wenn das Passwort nicht funktioniert und man keine verantwortliche Person hat, an die man sich wenden kann. Es gab also ein paar Problemchen, die aber letztendlich doch gelöst werden konnten. Die Probleme gingen aber vor Beginn der ersten Runde weiter. Und zwar gab es sowohl in das Gebäude, als auch in den Spielsaal Einlasskontrollen mit Taschendurchleuchtung und allem Drum und Dran. Nun kann man sich ja vorstellen was passiert, wenn 1500 Leute durch diese Kontrollen müssen und keiner zu spät kommen will. Zudem gab es verschiedene Eingangsbereiche. Die einen führten in den Spielsaal, die anderen auf die Zuschauertribünen und keiner wusste so recht, wo es lang ging. Es gab also ein großes Durcheinander und ich war dann doch überrascht, dass die Runde mit nur 20 Minuten Verspätung begann.

Ich bin mit meiner Partie nicht besonders zufrieden. Ich konnte zwar mit Schwarz schnell eine bessere Stellung erreichen und habe meiner Gegnerin ab dann auch nie ernsthafte Ausgleich- oder Gewinnchancen gelassen. Aber ich habe mal wieder viel zu langsam gespielt und hätte an einigen Stellen deutlich bessere Züge finden können. Die Partien werden live übertragen, ich habe aber schon von einigen gehört, dass die Übertragung nicht reibungslos funktioniert.

Nach meiner Partie hätte ich eigentlich sofort den Spielsaal verlassen müssen, da nur Spieler (die auch spielen) und Mannschaftsleiter anwesend sein dürfen. Nicht einmal die Spieler, die die Runde aussetzen, dürfen die Partien ihrer Kameraden aus nächster Nähe betrachten. Ich konnte mich aber davonschleichen und dann doch noch den einen oder anderen Blick auf andere Paarungen erhaschen. Unser Männerteam war schon fertig und hatte Neuseeland mit 3,5-0,5 schlagen können (Igor spielte Remis). Aber es liefen noch ein paar interessante Partien und es gab auch einige Überraschungen. Zum Beispiel kam Evgeny Tomashevsky (Elo 2730) nicht über ein Remis gegen William Puntier (Elo 2312) hinaus und Sergei Movsesian (Elo 2698) verlor sogar gegen das Spitzenbrett aus Bolivien. Auch Loek van Wely (2691) musste sich gegen Tze-Meng Mok (2354) aus Malaysia geschlagen geben und Bulgarien konnte gegen das Team der Sehbehinderten nur gerade so mit 2,5-1,5 gewinnen.

Bei den Frauen gab es jedenfalls an den vorderen Brettern weniger Überraschungen. Anna Ushenina (2433) remisiert gegen eine Spielerin aus El Salvador mit einer Elozahl von 1939 und Lilit Galojan (2349) verliert gegen Lougain Dahdal (1923) aber ansonsten endeten die ersten acht Paarungen mit 4:0 für die Favoritenmannschaft. Wobei diese Aussage vielleicht nicht ganz richtig ist, da wir mit der Startnummer 8 nur aufgrund unserer Gegnerinnen, die jede Runde an bestimmen Tischen spielen, weiter hinten gespielt haben und mit unserem 3-1 auch nicht ganz den Soll erfüllt haben.

Morgen geht es gegen Bosnien & Herzegowina, die nur mit vier Spielerinnen angereist sind und wir uns somit auch jetzt schon gut vorbereiten können. Unsere Männer treffen aus Georgien.

Zum Schluss vielleicht noch ein paar Worte zu der Verpflegung hier, die für mich immer einen der wichtigsten Aspekte bei einem Turnier darstellt. Zum Frühstück, Mittag und Abendbrot gibt es jeweils Buffet mit einer ausreichenden Anzahl an Alternativen. Allerdings lässt die Qualität dieser Alternativen in meinen Augen etwas zu wünschen übrig. Eine große Schweinerei finde ich die Getränkeversorgung im Spiellokal. Das Mitbringen von Getränken ist nicht gestattet und muss vor Ort gekauft (!) werden. Der Preis von einem Lira (ca. 50 Cent) für einen halben Liter Wasser entspricht zwar nicht den Hotelpreisen (1 Bier für 8 Euro), ist aber bestimmt nicht für alle Länder so leicht zu bezahlen und ich halte es eigentlich für das Mindeste, dass Wasser bei einem so großen Event kostenlos bereit gestellt wird.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie morgen der Einlass geregelt wird und ob vielleicht endlich mal die Sonne scheinen wird!