Länderkampf gegen Polen: 1. Runde

Das war leider heute kein gelungener Start für die deutsche Mannschaft. Nach langem Kampf mussten wir uns (etwas unverdient) 1,5-3,5 geschlagen geben. Dabei wär wirklich mehr drin gewesen. Marta spielte gegen die 100-Elopunkte überlegene Monika Socko eine sehr gute Partie, fand jedoch leider den Gewinnweg nicht. Wer sich die Partie angeschaut hat, wird sich vielleicht über Martas Eröffnungswahl 1.e4 c5 2.b3 gewundert haben. Dabei gehört diese Variante noch zu den „seriösesten“ die in Martas Repertoire zu finden sind. Ich hatte auch schon das Vergnügen, sie mit 1.b3 oder 1.d3 die Partie eröffnen zu sehen. Ich bewundere ihr Stellungsverständnis und ihre Kreativität sehr. Marta fährt ohne Laptop zu einer Olympiade und spiel meist trotzdem ein gutes Turnier, weil sie auch ohne Theoriekenntnisse ihre Stellungstypen erreicht und dann ihren Gegnerinnen meist überlegen ist.

An Brett zwei konnte Tatjana heute für den einzigen Lichblick im deutschen Team sorgen. Sie nutze geschickt die Schwächen ihrer Gegnerin und konnte sich recht souverän einen Mehbauern und damit den Partiesieg sichern. Mit dieser Partie hat Tatjana gezeigt, dass sie nicht nur taktisch stark ist (ihr Ziel jeder Partie: „Matt machen“) sondern auch positionelles Verständnis besitzt. Wenn ich mich nicht täusche, war das ihre erste Partie für die Frauennationalmannschaft … ein vielversprechender Start!

Meine Partie war durchwachsen. Ich habe viele Gewinnzüge ausgelassen, konnte an einer Stelle aber auch selbst mattgesetzt werden. Vielleicht war Unentschieden deswegen auch ein gerechtfertigtes Ergebnis, ich bin jedoch trotzdem nicht zufrieden mit dem Ergebnis der Partie. Nach der Eröffnung hatte ich eine sehr angenehme Stellung, verlor jedoch etwas den Faden, sodass es immer komplizierter wurde.

Ohme -Worek

Ohme-Worek, Länderkampf Deutschland-Polen, 2012 in Gladenbach

Weiß am Zug

In beiderseitiger Zeitnot opferte meine Gegnerin eine Qualität, erhielt dafür aber das Läuferpaar, ein starkes Bauernzentrum und gute Angriffsmöglichkeiten. Bei genauem Spiel wär die Stellung jedoch für mich gewonnen gewesen. Aber hinterher ist man (bzw. Houdini) immer schlauer. Ich konnte mich schließlich auch befreien und ein interessantes Endspiel erreichen in welchem ich eine Figur mehr habe, meine Gegnerin dafür aber über zwei verbundene Freibauern verfügt. Mit nur noch 30 Sekunden auf der Uhr konnte ich nicht verhindern, dass meine verbliebenen Bauern getauscht werden und so musste ich mich nach langem Kampf mit einem Remis zufrieden geben. Aber auch bei anschließender Analyse gelang es uns nicht sofort, einen Gewinnweg für Weiß zu finden. Allerdings sollte das bei ausreichender Bedenkzeit kein allzu großes Problem darstellen.


Bei Lena und Hanna Marie lief schon in der Eröffnung etwas schief. Lena spielte anfangs ungenau und hatte dann die undankbare Aufgabe, eine schlechtere Stellung zu verteidigen. Hanna Marie musste nach einigen Zügen improvisieren, da sie den Zug von ihrer Gegnerin nicht kannte. Ihre Gegnerin nutzte kleine Ungenauigkeiten gut aus, verbesserte ihre Figuren allmählich und konnte schließlich einen Bauern gewinnen. In Zeitnot schien es, als ob Hanna Marie das Schlimmste überstanden hätte. Leider musste sie sich dann aber wenige Züge nach der Zeitkontrolle aufgrund eines Einstellers in einem Endspiel mit Minusfigur quälen lassen.

Zum Abschluss des heutigen Tagesberichts möchte ich noch ein paar Worte über die Unterbringung und den Spielsaal verlieren. Sowohl die polnische Mannschaft als auch wir übernachten im Gladenbacher Schlosshotel. Die Zimmer sind sehr geräumig (siehe Foto von gestern) und gemütlich. Während des Lehrgangs wurden wir stets mit Getränken und Keksen versorgt und auch sonst kann man sich über die Verpflegung nicht beklagen.

Schach-Länderkampf Deutschland-Polen, 2012 in Gladenbach, Spielsaal
Schach-Länderkampf Deutschland-Polen, 2012 in Gladenbach, Spielsaal

Der Spielsaal ist geräumig und hell, allerdings war die Luft nach einiger Zeit ziemlich stickig, sodass ich immer noch mit Kopfschmerzen kämpfen muss. Ansonsten herrschen aber optimale Spielbedingungen und neben den Getränken gab es für die Spielerinnen sogar Kuchen und Brezeln… schade, dass ich heute so lange gespielt habe :-).


Zuschauer gab es keine, was jedoch bei der schlechten Verkehrsanbindung Gladenbachs auch nicht groß verwunderlich ist. Dafür gibt es ja aber die Live-Übertragung…

So, das wars für heute. Viele Grüße und bis morgen

Eure Melanie